Aktionstage am Bodensee: Fluchtursachen bekämpfen – Waffenexporte stoppen!

bodensee1Vom 20. bis 22. August 2015 finden rund um den Bodensee die Aktionstage “Fluchtursachen bekämpfen, Waffenexporte stoppen!” statt. Die Aktionstage wurden von den AktivistInnen des Netzwerks „Flüchtlinge für Flüchtlinge“ (Refugees for Refugees) initiiert. In Solidarität mit Geflüchteten soll am Bodensee gegen die hier ansässige Rüstungsindustrie, das EU-Grenzregime, die deutsche Innen- und Außenpolitik, und für ein Bleiberecht aller Schutzsuchenden gekämpft werden. Um die Aktionen zu finanzieren werden noch dringend Spenden benötigt. Folgend der Aufruf:

Warum auf Fluchtursachen aufmerksam machen?

Mehr als 60 Millionen Menschen sind nach Angaben des UNHCR aktuell auf der Flucht vor Krieg, Verfolgung und Armut – so viele wie nie nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber nur ein Bruchteil dieser Flüchtlinge schafft es in die Festung Europa. Gleichzeitig gaben die EU und ihre Mitgliedsländer seit dem Jahr 2000 über 1,5 Milliarden Euro für Initiativen und Vorkehrungen aus, die Europa von flüchtenden Menschen abschotten sollen. Eine traurige Konsequenz dieses Grenzregimes ist der Tod von insgesamt mindestens 29.000 Flüchtlingen seit dem Jahr 2000 an den EU-Außengrenzen. Jetzt plant die EU mit einem Militäreinsatz gegen sogenannte Schlepperboote vorzugehen, da durch diese angeblich der Frieden in Europa bedroht wird. Der geplante EU-Einsatz gegen Schlepper läuft zwangsläufig auf eine Bekämpfung der Flüchtlinge hinaus, obwohl die EU und ihre Mitgliedstaaten sich durch die Unterzeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention zur Aufnahme von Flüchtlingen völkerrechtlich verpflichtet haben. Die EU handelt somit zynisch und widersprüchlich: Diejenigen, die vor Kriegen fliehen, will die EU – als Friedensnobelpreisträgerin wohlgemerkt – mit militärischen Mitteln von dem Stellen eines Asylantrags in Europa abhalten?

Wir kritisieren diese Grenzpolitik Europas und sprechen uns für eine humanistische Asylpolitik aus. Die EU, ihre Mitgliedstaaten und insbesondere Deutschland tragen durch ihre Politik der Abschottung nicht nur dazu bei, dass Flüchtlinge es gar nicht erst nach Europa schaffen, sie sind auch mitverantwortlich für das Entstehen der Fluchtursachen.

Die deutsche Waffenindustrie, welche zu einem großen Teil rund um den Bodensee angesiedelt ist, profitiert vom Krieg, egal ob von den unzähligen bewaffneten Konflikten in fragilen Staaten, von der Aufrüstung der Frontex-Grenzschützer oder dem neu geplanten Militäreinsatz gegen Schlepper. Dabei sind Kriege die mit Abstand bedeutendste Fluchtursache. Nach einer 2010 publizierten Studie der UNDP kamen weltweit jeden Tag durchschnittlich 2000 Menschen durch den Einsatz von „Klein- und Leichtwaffen“ ums Leben. Die wahren Massenvernichtungswaffen unserer Zeit sind also Gewehre, Handgranaten, Landminen, Mörser, Pistolen und Revolver. Das in Deutschland produzierte G3-Sturmgewehr von Heckler & Koch rangiert auf dem zweiten Platz der global am weitesten verbreiteten Gewehre.

Deutschland ist viertgrößter Waffenexporteur der Welt und sollte in dieser Frage mutig vorangehen und die Waffenexporte endlich stoppen, um die Gefahr von Konflikten und damit die Fluchtursachen zu verringern. Doch stattdessen genehmigte die Bundesregierung beispielsweise im Sommer 2011 den Verkauf 200 Leopard-2-Kampfpanzer der Firma Krauss-Maffei-Wegmann an das menschenrechtsverletzende Regime in Saudi-Arabien. Dies ist nur ein Beispiel, wie deutsche Waffen in Krisenregionen gelangen können, so gewaltsame Konflikt anfeuern können und so die Sicherheitslage potentiell verschlechtern. Solange es Kriege gibt, wird es auch Flüchtlinge geben, die bei uns Schutz suchen. Deutschland trägt mit direkten Rüstungs- und Waffenlieferungen und mit Kampfeinsätzen innerhalb des NATO-Bündnisses, zur Anheizung der Konflikte bei und erlaubt es sich gleichzeitig offensiv gegen die so selbst mitausgelösten Flüchtlingsströme vorzugehen.

Von den wenigen Schutzsuchenden, die es nach Deutschland schaffen, werden viele wieder in unsichere Verhältnisse abgeschoben. Ein Bleiberecht für alle Flüchtlinge ist das Mindeste, was Deutschland und die anderen EU-Mitgliedstaaten gewährleisten sollten. Anstatt die Flüchtlinge zu bekämpfen, sollte die EU die Fluchtursachen ernst nehmen und endlich Verantwortung übernehmen. Da Krieg die häufigste Fluchtursache ist, liegt es nahe in diesem Bereich anzufangen: Bei der Waffenindustrie.

Ziel der Protestzüge ist es, die Kritik an den Rüstungsexporten mit der Kritik an der europäischen Grenz- und Asylpolitik zu verknüpfen. Die berechtigten Forderungen der Flüchtlinge nach einem menschenwürdigen Leben hier in Deutschland und einem Bleiberecht für alle sollen bekräftigt werden. Wir kritisieren außerdem die schlechten Verhältnisse in Flüchtlingsunterkünften hier in Deutschland, wie etwa in Goldbach bei Überlingen. Gleichzeitig soll durch diese Aktionen der Austausch zwischen Flüchtlingen aus Baden-Württemberg und ihren Unterstützern ermöglicht werden. Denn nur durch die Vernetzung vieler Bewegungen können wir etwas gegen das „Alternativlose“ erreichen. Symbolisch sollen Waffenschmieden am Bodensee, wie etwa Rheinmetall aufgesucht werden, um der Öffentlichkeit zu zeigen: Auch hier in der Idylle wird der Tod produziert!

Am Bodensee aber schlägt das Herz der Rüstungsindustrie.

bodensee3Die Bundesstraße 31, welche am Ufer des Bodensees entlang führt, ist die Lebensader des größten und konzentriertesten Waffenclusters in Deutschland. Von den Rüstungsbetrieben am Bodensee gehen Rüstungsgüter und Waffen in alle Welt, an Freund und Freund-Feind. Insbesondere bei Panzern, Kriegsschiffen, U-Booten und anderem schweren Kriegsgerät gehören Konzerne vom Bodensee wie Rheinmetall (Stockach), Diehl (Überlingen), EADS (Friedrichshafen) oder Krauss-Maffei-Wegmann (Tochterfirma ATM in Konstanz) zur Spitzengruppe der weltweiten Produzenten.

Der Umsatz der real erfolgten deutschen Waffenexporte verdoppelte sich von 2013 auf 2014 auf 1,823 Milliarden Euro. Außerdem stieg in diesem Zeitraum der Anteil der Exporte, welche an sogenannte Drittländer gehen und eigentlich nur in Ausnahmefällen genehmigt werden, auf 77 %. Neuerdings plant die Bundesregierung, verschiedene Rüstungsgüter als sogenannte„Schlüsseltechnologien“ zu definieren und ihren Export zu fördern. Auf diese Weise sollen Firmen wie der Panzerhersteller Kraus-Maffei-Wegmann bei der Entwicklung neuer Rüstungstechnologie Fördermittel erhalten.

Programmablauf und Basiscamp

Das Basiscamp auf der Cherisy-Wiese in Konstanz(Schürman-Horster-Weg) wird Unterbringung und Rastplatz für FlüchtlingsaktivistInnen von außerhalb sein. Dort wird es ein großes Zelt mit VoKü Verpflegung und Infomaterialien geben. Außerdem soll es Raum für gegenseitigen Austausch, Musik, Workshops oder Vorträge bieten.

Am Donnerstag, den 20.08.2015 möchten wir Protestaktionen vor den Firmen Mowag (Kreuzlingen) und ATM ( Konstanz) machen, um anschließend gemeinsam vor die Flüchtlingsunterkunft in die Steinstraße zu ziehen. Beim Protest vor den Rüstungsbetrieben werden die Flüchtlinge als potentielle und reale Opfer in erster Linie selbst das Wort ergreifen. Zur großen Waffenfirma Diehl Defense (Überlingen) geht es dann am Freitag mit Bus und Fähre. Um die Mittagszeit wollen wir vor den Werkstoren demonstrieren, um danach zusammen zur Schiffsanlegestelle zu gehen, wo eine Kundgebung geplant ist. Anschließend soll es die Möglichkeit zum Besuch der Flüchtlingsunterkunft in Goldbach geben, welche wegen menschenunwürdiger Verhältnisse schon oft in der Kritik stand. Die große Abschlusskundgebung soll Samstag um 14 Uhr auf der Marktstätte in Konstanz stattfinden. Im Anschluss ist eine Soliparty geplant, um gemeinsam zu feiern und Solidarität mit den Geflüchteten zu zeigen. Der genaue Ablauf der Proteste und das Abendprogramm werden noch über unsere Twitter-Seite und Facebook-Seite bekannt gegeben.

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