Aktionswochen gegen Antisemitismus in Freiburg mit einer Lesung von Robert Stadlober und Thomas Ebermann: „Voller Entsetzen aber nicht verzweifelt“

Am Sonntag, den 13.12.2015 veranstaltete die Anarchistische Gruppe Freiburg zusammen mit dem Referat gegen Faschismus des Freiburger Studierendenrats, sowie mit Unterstützung der Amadeu Antonio Stiftung, DIKA e.V und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Freiburg eine Lesung aus den Tagebüchern des rumänisch-jüdischen Autors Mihail Sebastian. Die Tagebücher des 1906 geborenen Autors waren in Rumänien erst 1995 veröffentlicht worden und weckten dort die Diskussion über die faschistische Vergangenheit und insbesondere über die Verstrickung Intellektueller wie Mircea Eliade und Nae Ionesco mit der faschistischen und antisemitischen Bewegung der Eisernen Garde, die Sebastian aus nächster Nähe erlebte und beschrieb. In Deutschland wurde der fast 900 Seiten starke Band erst 2005 veröffentlicht, und 2009 von Thomas Ebermann, Robert Stadlober und Berthold Brunner zu einer szenischen Lesung überarbeitet. In ihnen beschreibt Sebastian eindrucksvoll die politischen Verhältnisse der 1930er und 40er in Rumänien, die Ausbreitung des Antisemitismus und die antisemitischen Maßnahmen der faschistischen Antonescu-Regierung. Die Düsternis dieser Zeit beraubt Sebastian dennoch nicht seiner Lebenslust und seines Witzes. Er beschäftigt sich mit seiner (scheiternden) Karriere als Autor, beschreibt seine Liebesaffären, genießt das Leben in der Bukarester Bohème und seine Skiausflüge. Doch seine Freunde verfallen mehr und mehr dem faschistischem, nationalistischem und antisemitischem Gedankengut…

Thomas Ebermann wies deshalb in seiner Einführung darauf hin, dass das Publikum sein Lachen nicht unterdrücken solle, wenn es ihm danach sei: Man werde Mihail Sebastian nur so gerecht. Robert Stadlober verkörpert den ehrgeizigen Literaten treffend und wortgewaltig in einem spartanischen Bühnenbild, bestehend aus der Einsamkeit des Küchentischs, dem Sofa, auf dem er über seine Geliebten nachdenkt, und dem ausschweifenden Leben in der Kunstszene, symbolisiert durch einen Kaffeehaustisch.

Anwesend war an diesem Abend auch die Badische Zeitung, die einen kleinen, aber feinen, Artikel veröffentlichte. Das Winterer Foyer-war mit über 160 Gästen voll besetzt. Ein herzliches Dankeschön geht an das Theater Freiburg, MINZ&KUNST Fotografie, unsere Bühnentechniker_innen, und an die Amadeu Antonio Stiftung, welche die Lesung ermöglicht hat.

 


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